Nummer Siebzehn

Kurze Berichtigung der Nummer Sechzehn: Heute war es mehr London als jemals zuvor, denn zusätzlich zu den neun Grad und den Wolken der letzten Woche hat es auch noch geregnet. Wobei das mal ganz nett ist, denn es bedeutet, dass es nicht mehr so schrecklich kalt wie noch vor zwei Tagen ist. Wir hatten sowohl Montag als auch das Wochenende über Schnee, was für die Kinder natürlich großartig war, aber London mit seinen chronischen Verkehrsproblemen nicht unbedingt zu einer besseren Stadt gemacht hat. Als der Achtjährige und ich am Sonntag zum Imperial War Museum gefahren sind, weil die Gasteltern Zeit und Platz zum Hausputz und Packen brauchten, war das offensichtlich: Wir hatten auf dem Weg zur Bushaltestelle eine Schneeballschlacht (inklusive böser Blicke der Anwohner, weil wir Schnee von den Autos genommen haben), mussten aber auf dem Rückweg 20 Minuten auf einen Bus warten, weil im Schnee der normale Fahrplan nicht funktioniert. Der Kleine, wie er halt so ist, hat natürlich keine lange Hose angezogen – ich habe ihn bisher ein einziges Mal eine Jogginghose und noch nie eine Jeans tragen sehen – und dementsprechend gefroren. Hätte er mal auf mich gehört.

Die vergangene Woche ist von Weihnachtseinkäufen geprägt: Freitag war ich im Barbican, dem British Museum und der Goodge Street, Montag am Piccadilly Circus für Bücher, gestern in Camden und heute in Greenwich. Dementsprechend viel Geld habe ich auch ausgegeben. Aber immerhin bin ich jetzt fast fertig, den Rest bekomme ich in Deutschland. Ich wünschte, ich wäre schon länger in London gewesen, denn ich kenne einfach noch nicht so viele Läden, in denen man schöne, unkonventionelle Geschenke kaufen kann. Trotzdem, denke ich, sind die meisten ganz gut.

Samstagabend war die Weihnachtsfeier des Quidditchteams im Royal Thai Restaurant. Wir haben eine merkwürdige Variante des Wichtelns gespielt, bei der man anderer Leute Geschenke stehlen darf. Dabei sind mir ein Kazoo-Spiel (das ich mir wahrscheinlich kaufen werde, weil es so gut aussah) und ein Mini-Videospielset durch die Lappen gegangen. Am Ende hatte ich dann eine Teekanne, die aussieht wie ein Toaster und dessen Deckel starke Ähnlichkeit zu Toast aufweist. Ich will mich nicht beschweren, ich brauchte eine Teekanne. Außerdem war ich wenigstens nicht einer von denen, die mit einer der zwei Holzeulen oder dem merkwürdigen Holzmann das Wichteln beendet haben. Abgesehen davon wurden Auszeichnungen vergeben und ich habe „Best Rookie“ (bester Neuling) bekommen, worauf ich sehr stolz bin. Es ist schön, endlich einen Sport gefunden zu haben, der mir gefällt und in dem ich nicht komplett unfähig bin. Looking at you, Fußball.

Wir haben natürlich auch Nikolaus gefeiert. Die Familie kannte es vorher noch nicht und der Achtjährige wollte sich auch nicht am Schuheputzen beteiligen, die Sechsjährige dagegen hat das Ganze sehr ernst genommen. Ihre Stiefel waren blitzblank und der Keks und das Milchglas standen sehr akkurat neben der Tür. Die Gasteltern haben den Keks über Nacht sogar angebissen, damit es so scheint, als hätte der Nikolaus etwas gegessen. Natürlich hat sich die Kleine sehr gefreut.

Gestern haben wir außerdem Hanukkah gefeiert. Es gab Kartoffelpuffer und Doughnuts, die zusätzlich zu den Cornflakes, die ich morgens in einem Cornflakes-Café (London halt) gegessen habe und dem Brownie, den es im Café gab, als ich mit dem Kleinen Hausaufgaben gemacht habe, meinen Zuckerbedarf für die nächsten zwölfeinhalb Monate gedeckt haben. Viel mehr, das muss ich ehrlich zugeben, gab es nicht. Wir haben zwei Kerzen angezündet und es wurden Lieder gesungen, aber ich habe kein Wort verstanden, da diese logischerweise hebräisch sind. Damit werde ich mich also nochmal ausführlicher beschäftigen müssen.

Nächste Woche geht es für 10 Tage zurück nach Deutschland. Deswegen werde ich auch mit diesem Blog pausieren, denn das hat dann ja noch weniger mit meinem Jahr als Au Pair zu tun als meine normalen Einträge. Ich sehe euch also alle im neuen Jahr wieder. Frohe Weihnachten euch und hoffentlich rutscht ihr gut ins neue Jahr , wie auch immer ihr das zelebriert. Ich habe nämlich noch keine Pläne. Aber das hier ist London. Irgendwas werde ich schon finden.

Nummer Sechzehn

Hach ja, bewölkt, neun Grad Celsius, nie war es mehr London als heute. Ich gehe mal stark davon aus, dass es, sobald ich das Haus verlasse, anfängt zu regnen. Glücklicherweise kann ich das aber noch ein paar Stunden aufschieben. Momentan warte ich nämlich noch auf das verloren gegangene Gepäck der Gastmutter, die für zwei Wochen in Costa Rica war.

Ich war am Wochenende in einem ähnlich exotischen Ort, dem berühmt-berüchtigten Norwich. Um Quidditch zu spielen, natürlich. Unsere Gegner waren die Norwich Nifflers, ein relativ kleines Team, mit deren Spielern viele von uns befreundet sind. Dementsprechend ging es auch nicht übermäßig kompetitiv zu, wobei das auch daran lag, dass wir ein wenig überheblich an das Spiel herangegangen sind. Die Nifflers haben besser gespielt als wir, aber dank unserer Sucherin haben wir am Ende gewonnen. Dann haben wir die Teams gemischt und noch ein paar Stunden einfach so für den Spaß an der Freude gespielt. Abends saßen dann beide Teams zusammen in der Wohnung des Niffler-Captains. Ich hatte im Vorhinein ein wenig Angst, dass ich zu viel Geld ausgeben würde, aber glücklicherweise hat sich diese Angst nicht bestätigt. Ich kann mir also doch Weihnachtsgeschenke leisten.

Abgesehen davon ist in der Woche nichts passiert, weswegen ich wohl jetzt mal von meiner Arbeit berichten werde. Ich hole die Kinder gegen 3 von der Schule ab und verbringe dann den Tag mit ihnen, bis zum Abendessen, das ich normalerweise vorher schon vorbereitet habe. Beide zeichnen sehr gern, weswegen wir oft „drawing competitions“ veranstalten, bei denen wir alle drei ein Bild zu einem beliebigen Thema zeichnen. Wir hatten schon Raumschiff, Karte eines ausgedachten Landes, Delfinfrühstück und Fortbewegungsmittel in unserem ausgedachten Land, um nur ein paar zu nennen. Wer mich kennt, weiß, dass ich künstlerisch komplett ohne Begabung geblieben bin, weswegen diese Wettbewerbe nicht unbedingt meine Lieblingsbeschäftigung sind. Aber die Kleinen haben so viel Spaß dabei, dass ich es nicht unterbinden werde. Inzwischen hat der Kleine schon eine Karte, das Transportmittel (eine Art Orient Express), eine Stadt (zwischen zwei Bergen, sehr beeindruckend) und das Parlament seines imaginären Landes gezeichnet. Ich hoffe, dass da noch einige Dinge entstehen, denn ich genieße worldbuilding sehr.

Wenn wir nicht zeichnen, spielen wir meistens das „Super Hero Game“, in dem sich jeder drei Superkräfte aussuchen kann und wir dann gegeneinander kämpfen. Hier hat sich einiges entwickelt. Am Anfang hat die Kleine einfach immer alle zu Staub verwandelt. Als sie dann mitbekommen hat, dass das nicht so viel Spaß macht, haben beide sich eine Decke übergeworfen und gesagt, dass ich sie nicht sehen kann, wenn sie unter dieser Decke sind. Außerdem bekomme ich einen Stromschlag, wenn ich die Decke anfasse. Meine Superkraft ist normalerweise der Sitzsack, den ich vor meinen Bauch halte (ich bin ein Super-Sumoringer) und mit dem ich die Kleinen versuche zu treffen. Beide lieben es, von diesem Sitzsack erwischt zu werden, ich kann nicht genau nachvollziehen, warum. Außerdem kann ich ganz ausgesprochen gut kitzeln, was ich auch tue, wenn sie unter ihrer Decke hervorkriechen. Es ist unfassbar, wie lang die Beiden dieses doch eher simple Spiel durchhalten, manchmal für eine Stunde oder länger.

Ich würde gern mehr Brett- oder Kartenspiele spielen. Das Problem daran ist nur, dass der Achtjährige so oft so müde von der Schule kommt, dass er von allem, das die Sechsjährige tut, genervt ist. Spielen ist dann dementsprechend schwer, da er bei jeder noch so kleinen Verzögerung oder einem Regelverstoß wütend wird. Momentan können wir auch nicht in den Park gehen, weil der schon um 17 Uhr zumacht und beide erst ihre Screen Time wollen, bevor wir irgendetwas anderes machen.

Abgesehen davon haben wir auch nicht oft Zeit, etwas Größeres zu unternehmen. Der Achtjährige hat Montags Taekwondo, da ist also ab ungefähr 16.30 Uhr Schluss mit Spielen. Dienstags hat die Kleine ein Kunstangebot bis um 16.30 Uhr. Der Junge und ich sitzen währenddessen in einem Café und machen seine Hausaufgaben, ein unfassbar langwieriger und von zahllosen Verweigerungen und Pausen begleiteter Prozess. Aber der Apfelkuchen ist sehr gut. Mittwochs haben wir dann Zeit; nächste Woche hoffe ich, da Stollen backen zu können. Donnerstags hat der Achtjährige normalerweise Robotics, ein Angebot, in dem er LEGO Mindstorms Roboter baut. Das ist erst um 17 Uhr zu Ende. Nachdem er seine Screen Time hatte, ist es dann schon Abendbrotzeit.

Ich muss mir unbedingt einige Sachen einfallen lassen, die wir nächstes Jahr machen können. Der Achtjährige hat Eisstiele, mit denen wir sicherlich was anfangen können… Und die Wissen-Macht-Ah!-Website hat auch einige gute Ideen.